Überlegungen zu “morote dori” (諸手取り)

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Da wir uns im Aikido-Training am Montag (12. Oktober) hauptsächlich mit dem Angriff morote dori (諸手取り) befasst haben, hier noch einmal ein paar zusammenfassende Gedanken dazu. Und da es sich stets als praktisch erweist, sich mit der Bedeutung der Schriftzeichen vertraut zu machen, …

… möchte ich damit beginnen:

諸: beide, viele, zusammen

手: Hand, Arm

諸 und 手 in Kombination bedeutet somit schlicht und einfach “mit beiden Händen”.

Kurz und vereinfacht gesagt, geht es darum, dass uke (also der “Angreifer”) mit beiden Händen ein Handgelenk bzw. einen Unterarm von tori (der “Ausführende”) ergreift. Zudem ist zu bedenken, dass morote dori auch noch unter den Bezeichnungen katate ryote dori (片手両手取り) oder – noch etwas umständlicher – katate dori ryote mochi (逆半 取り両手持ち) bzw. einfach nur ryote mochi bekannt ist.

Das Schwertziehen verhindern

Das bloße Fassen eines Handgelenks mit beiden Händen kann aber – nüchtern betrachtet – kaum als Angriff per se bezeichnet zu werden. Woher stammt also morote dori? Wie auch in anderen Fällen, kann die Vorstellung helfen, dass tori mit einem Schwert bewaffnet sein könnte, das noch in der Scheide (saya) steckt. Uke versucht tori nun daran zu hindern, sein Schwert zu ziehen, indem er mit beiden Händen dessen schwertführenden – also in aller Regel den rechten – Arm mit beiden Händen am Handgelenk packt. Im waffenlosen Training wird diese Vorstellung dann auch auf den linken Arm übertragen. Allerdings verschwimmen hier die Rollen von Angreifer und Verteidiger.

Balance durch Schneiden brechen

Eindeutiger im Hinblick auf die Rollen von uke und tori sowie auf das waffenlose Training scheint folgender Ansatz: Der Angreifer bewegt sich auf tori zu und will dessen Kopf attackieren. Im Training wird dieser Angriff mit kiawase shomen uchi nachgestellteinem halbkreisförmigen Aufwärtsschwingen des Armes mit offener Hand zum Kinn oder ins Gesicht des tori (also gewissermaßen eine Mischung aus jodan tsuki und shomenuchi).

Tori erkennt diese Absicht, hebt seinen Arm ebenfalls und bringt so seine Hand zwischen sein Gesicht und die Hand von uke. In diesem Moment stehen sich uke und tori spiegelverkehrt (ai handmi) gegenüber. Uke reagiert auf das Hindernis, indem er die Hand von tori mit einer Schnittbewegung nach unten bzw. außen leitet, um tori so aus dem Gleichgewicht zu bringen. Dabei wird mit beiden Händen das Handgelenk von tori, gleich dem Griff eines Schwertes, erfasst. Man vollzieht zudem einen hanmi-Wechsel (rechter und linker Fuß tauschen die Position) und tritt dabei in einem Winkel von etwa 15 Grad aus der direkten Angriffslinie heraus.

Jetzt sind uke und tori spiegelgleich, also gyaku hanmi, positioniert. Damit tori nicht tatsächlich seine Balance einbüßt, muss er auf die Applikation des Schnittes an seiner Hand mit der Bewegung des ganzen Körpers reagieren. Danach erst folgen ggf. weiterer Eingang bzw. eine Technik.

Quellen:

de.wikipedia.org

en.wiktionary.org (2015)

en.wikipedia.org

fr.wikipedia.org

fudebakudo.com

jisho.org (2015)

wadoku.de (2015)


Anmerkung des Autors: Die von mir verfassten Artikel möchte ich keinesfalls als ultima ratio verstanden wissen und ich erhebe keinen Anspruch auf Vollständigkeit. Vielmehr wünsche ich mir, damit einen Beitrag zu einem Nebeneinander von Interpretationen bzw. einer lebendigen Auseinandersetzung rund um Budo leisten zu können. Ich möchte auch alle Leser höflich einladen, zu kommentieren, kritisch zu hinterfragen, zu redigieren, zu ergänzen usw. Herzlichen Dank.